Belegausgabepflicht – Wie die Politik eine gute Entwicklung mit einer schlechten Verordnung ausbremst

Persönlicher Einwurf

Dank meines Freundeskreises und einige Zeit sogar in verantwortlicher Position hatte ich vor einigen Jahre das Vergnügen, mich in Gastronomiekreisen zu bewegen. Und weil man dort mit dem Endverbraucher im Kontakt ist, lernte ich schnell zwei Dinge:

  1. Wo viel Bargeld bewegt wird, bewegen manche auch gerne an der Steuer vorbei.
  2. Um das zu unterbinden, entwickeln Staat, Banken und andere Stakeholder laufend Gegenstrategien.

Erkenntnis des Missbrauchs und Reaktion der Politik

Zu meiner Zeit versuchte man der Sache Herr zu werden, indem man verstärkt Kartensysteme als Zahlungsmittel einsetzte. Das war für die Gastronomen eine kleine Zusatzherausforderung, denn nun musste man erst einmal Systeme finden, die möglichst unkompliziert möglichst viele Karten von verschiedenen Instituten verarbeiten konnten.

Irgendwann stolperte der Staat darüber, dass eingesetzte Kassensysteme Steuerhinterziehung begünstigten. Die Ausfallsumme wurde mit bis zu 10 Milliarden Euro beziffert. Die Politik reagierte mit verschärften Gesetzen: Das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen schuf die Grundlage für die Kassenversicherungsverordnung, die 2017 vom Bundesrat abgesegnet und beschlossen wurde.

Ungehaltene Reaktionen und deren Argumente auf die Verordnung

Zugegebenermaßen verfolge ich Bundesratsbeschlüsse nicht immer sonderlich konzentriert. Doch mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung zu Jahresbeginn (am 01.01.2020) kam auch ich nicht mehr um die Folgen umhin. Kein Tag, an dem nicht irgendwelche Verbände die dadurch entstandene Bonpflicht kritisierten. Kein Tag, an dem man nicht in irgendeiner Zeitung oder auf irgendeinem Fernsehkanal Bilder entrüsteter Menschen sah, die zum Unterstreichen ihrer Wut Bons an Wäscheleinen drappiert hatten oder Körbe voller Bons präsentierten. Inzwischen hat das Thema auch bekannte Satiresendungen erreicht: https://www.youtube.com/watch?v=rohStPcuHvI

Natürlich waren auch der Einzelhandel, der Mittelstand, die Apotheker und andere betroffene Gruppen nicht erfreut. Viele mussten sich neue Kassensysteme zulegen, der Verbrauch an Thermopapierrollen stieg durch die Belegausgabepflicht sprunghaft an und eine Zertifizierung wird einem leider auch nicht geschenkt.

Dass Thermopapier nicht recyclebar ist und eine Umweltsünde darstellt, rief wieder eine andere Klientel auf den Plan. Aber sehr schnell kristallisierte sich heraus, dass diese Verordnung mit der Belegausgabepflicht der breiten Masse da draußen schlecht vermittelbar ist.

  1. Sie belastet Unternehmer über Gebühr.
  2. Sie ist aus Sicht von Klimadebatten und Friday for Future als zusätzliche Müllbeschaffung eigentlich untragbar.
  3. Und in Hinsicht auf die zwingend voranzutreibende Digitalisierung ist sie ein fatales Signal.

Unsere Betroffenheit als Run my Accounts Deutschland AG

Uns hat die ganze Sache aus einem noch anderen Grund gefuchst. Die Run my Accounts Deutschland AG hat sich bei Ihrer Gründung vor nahezu fünf Jahren der Digitalisierung und einer papierlosen Belegverarbeitung verschrieben. Dies geschah, weil die Politik die Digitalisierung in unserem Land vorantreiben wollte. Warum man bei so einem wichtigen Thema mit dieser Verordnung einen fundamentalen Rückschritt macht, erschließt sich uns nicht. Wir als Buchhalter kennen die Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten und immer wieder müssen Mandanten die Bons aus Thermopapier noch einmal auf festes Papier kopieren, um der Dokumentation über 10 Jahre gerecht werden zu können. Was für eine unerträgliche Verschwendung von Ressourcen. Was für eine anachronistische Belastung der Umwelt. Was für eine überflüssige Belastung des Mittelstandes. Dass die Politik für diese Verordnung inzwischen eine papierlose Belegausgabe vorschlägt, ist weit von den Realitäten des Alltags entfernt. Die Run my Accounts hat Jahre an Aufbauarbeit in entsprechende Tools investiert und hat die Erfahrung gemacht, dass alleine die revisionssichere Übermittlung solcher Belege eine Herausforderung darstellt. In solch schnelllebigen Zeiten zu glauben, die große Masse könnte eine schnelle Umsetzung bewältigen und den Papierausstoss mindern, ist schlichtweg utopisch.

Wer mit 10 Milliarden Euros entgangenen Steuergeldern bei den vielen kleineren Unternehmer argumentiert, möge sich bei der Gelegenheit bitte intensiv mit Google beschäftigen und erklären, warum es der Steuer bis heute nicht gelingt, die dort verschenkten Beträge in Höhe von 19,9 Milliarden Euros einzufordern. https://www.focus.de/finanzen/boerse/basiswissen/double-irish-dutch-sandwich-mit-welchem-trick-google-jedes-jahr-20-milliarden-euro-an-europas-finanzaemtern-vorbeischleust_id_10143865.html

Dass diese Verordnung nicht gerade die Steuermoral hebt, liegt auf der Hand.

Dementsprechend würden wir uns freuen, wenn die Politik realistische, umweltschonendere Lösungen als diese Verordnung finden würde. Es kann nicht sein, dass alle Gewerbetreibenden und die Umwelt die Zeche für einige Steuerpreller übernehmen müssen.

Belegausgabepflicht – Kleiner Lösungsansatz:

Wenn man die Belegausgabepflicht wieder zurücknimmt,, wäre schon einiges gekonnt. Stattdessen sollte man vielleicht einen QR-Code anbieten, den die interessierten Empfänger mit ihren Mobilgerät abscannen und dann in ihre Systeme hochladen würden. Wir als Dienstleister haben mit diesem System gute Erfahrungen gemacht und einen Beitrag zur Müllvermeidung geleistet.

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